Mehr als eine Episode – die SPIEGEL-Affäre im Urteil der Geschichtswissenschaft
Interview mit dem Hamburger Zeithistoriker Prof. Dr. Axel Schildt

Von Christina Heller (Interview), Sinah Grotefels, Tim Kukral und Martin Maibücher (Kamera und Schnitt).

Waren die SPIEGEL-Affäre und die Proteste gegen sie ein Vorspiel zur späteren 68er-Revolte? Oder der Höhepunkt eines vorhergehenden Protestzyklus, der in der Bundesrepublik bereits in den 1950er-Jahren begonnen hatte?

Antworten auf diese Fragen gibt der angesehene Hamburger Zeithistoriker Axel Schildt. Seit 2002 ist er Professor für Neuere Geschichte an der Universität Hamburg und Direktor der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg. Zu Schildts Forschungsschwerpunkten zählen Medien und intellektuelle Eliten im 20. Jahrhundert. Der Experte wurde 1951 in Hamburg geboren.

Im Video-Interview ordnet Prof. Schildt die SPIEGEL-Affäre in ihren zeitgeschichtlichen Kontext ein. Er verweist auf Demonstrationen, bei denen schon in den 1950er-Jahren Massen von Menschen gegen die geplante atomare Bewaffnung der Bundeswehr auf die Straße gingen. Die SPIEGEL-Affäre war also bei weitem nicht der einzige Anlass, der Bürger vor 1968 auf die Straße getrieben hat: „Man darf sich die Bundesrepublik vor 1968 nicht zu langweilig vorstellen.“

Trotzdem ist die SPIEGEL-Affäre für Schildt „kein beliebiges Symbol“. Sie mache deutlich, dass sich damals in der Bundesrepublik eine neue Auffassung von Demokratie und kritischer Öffentlichkeit entwickelt hatte. Diesen Umbruch habe die Adenauer-Regierung unterschätzt. Es sei daher kein Wunder, dass die Nacht- und-Nebel-Aktion, bei der die Polizei die SPIEGEL-Redaktion stürmte, der Regierung am Ende „auf die Füße gefallen ist“.

Prof. Axel Schildt sagte zu unseren Fragen:

Die SPIEGEL-Affäre: Der Anfang vom Ende des Adenauer-Staats?
„Ein symbolischer Schluss-Stein“

Eine Lehrstunde der Demokratie?
„Die Affäre hat die Diskussionen über Demokratie-Defizite befördert“

Gab es eine Vorgeschichte in den Jahren 1957 – 1962?
„Strauß hatte den SPIEGEL auf seiner schwarzen Liste“

Was war die Rolle von Bundeskanzler Konrad Adenauer?
„Adenauer war im Großen und Ganzen informiert“

Wie verhielten sich die Medien der damaligen Zeit?
„Da werden einige Legenden gesponnen“

Wie reagierte die Bevölkerung?
„Es waren keine Massendemonstrationen“

Und die Reaktion der Opposition?
„Die SPD hatte ein klares Kalkül“

1962 begann das Jahr 1968“ – eine These von Franziska Augstein, was halten Sie davon?
 „Man darf sich die Bundesrepublik vor 1968 nicht zu langweilig vorstellen“

Welche politische Wirkung hatte die SPIEGEL-Affäre?
 „Die Regierung hat nicht erkannt, dass neue Gesetze für Öffentlichkeit galten“


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